Alternativen im Gespräch – Aquakulturen – Die zweite Generation!

Jedes Jahr werden 90 Mio. Tonnen Fisch den Weltmeeren entrissen. Ein großer Teil wird für die Weiterverarbeitung zu Fischmehl, also zu Futtermittelzwecken für Zuchtfarmen verwendet. Für ein Kilogramm Zuchtfisch benötigt man vier bis fünf Kilogramm wilden Fisch. Angesichts solcher Zahlen steht die aufstrebende Zuchtfischeuphorie kurz davor, sich selbst ad absurdum zu führen. Kann die Versorgung mit hochwertigem Eiweiß auch anders gewährleistet werden?

Stand der Dinge
Rund 45% der weltweit verzehrten Fischmenge stammt heute aus Aquakulturen, einer der am schnellsten wachsenden Nahrungsmittelsektoren. Der europäische Anteil an der Weltproduktion liegt bei etwa 4 bis 5%, bei einem europäischen Gesamtvolumen von über 12 Mio. Tonnen pro Jahr. 25% des europäischen Bedarfs werden mittels Erzeugnissen aus Aquakulturen gedeckt. 3500 Tonnen davon erzeugt Österreich jährlich. Zuchtfarmen der ersten Generation waren und sind eine Antwort auf den fordernden Markt – aber offenbar nicht die Lösung. Vielversprechender sind Zuchtkonzepte der zweiten Generation. Zugegeben, die Ansätze sind visionär aber durchaus denkmöglich und umsetzbar. Sie arbeiten nach dem Prinzip der Nachhaltigkeit. Ökologisch verantwortungsvolle Produktionsmethoden sind so möglich.

“Offshore-Farming”
Sogenanntes “Offshore-Farming” konzentriert sich auf küstenferne Gebiete mit nährstoffreichen Gewässern. Der verschärfte Küstengewässerschutz von Meeresanrainerstaaten führte zu dieser Form des ökologischen Umfeld-Bewusstseins. Das Schmutzwasser der Anlagen verunreinigt mehr und mehr die küstennahen Gewässer. Lachsfarmen mit ca. 200.000 Tieren erzeugen zB. soviel Abwasser wie eine 20.000-Einwohner Stadt. Starke Strömungen auf hoher See verringern das Problem der konzentrierten Wasserverschmutzung. Das Offshore-Konzept nutzt so nährstoffreiche „Weidegründe“ und kann hochwertige Qualität sichern.

“Cityfish” – New Yorks Antwort!
Ganz anders sieht es Professor Martin Schreibman. Sein ambitioniertes Projekt heißt “Cityfish”. Mitten in New York forscht Martin Schreibman am renommierten Brooklyn-College an seiner Idee, Fisch vor Ort zu produzieren und damit massive Importe vermeidbar zu machen. Er züchtet Tilapien – und das ausschließlich mit Algen-Pellets. Im Schmutzwasser zieht er mit großem Erfolg Heilpflanzen und Gewürze, die die Abwässer im Gegenzug reinigen. Sauberes Wasser geht anschließend wieder zurück in den Fischtank. Der perfekte Kreislauf also! Zumindest im Labor. Derzeit befindet sich das Projekt noch im Versuchsstadium.

Produktion und Logistik in einem!
Ferngesteuerte Fischfarmen wandern durch die Weltmeere. So soll in Zukunft nachhaltiger Fisch produziert werden. Geht es nach dem Ingenieur Cliff Goudey in Puerto Rico, steuern die Käfige selbstständig um den Erdball. Navigiert wird mittels GPS, Routen werden gespeichert. Nach den Vorstellungen der Betreiber soll das kostbare Gut dann direkt beim Endverbraucher wieder auftauchen. Nach den erfolgreich abgeschlossenen wissenschaftlichen Versuchsreihen hofft man nun auf Investoren mit visionärem Geist.

Visionen braucht die Welt! Nach dieser Maxime schrieben Schriftsteller wie Jules Verne oder Aldous Huxley mit ihren phantastischen Erzählungen die Zukunft nieder bevor sie geschah. Wenn Veränderung stattfinden soll, braucht es neben der Vision auch den Willen zum Handeln. Und dieses Handeln ist nun dringend notwendig!

Quelle: “Die blaue Revolution – Neue Hoffnung für die Ozeane?” – HITEC, 13.10.2008

© Fisch-Gruber, 2008